Die Anhörung der Kinder

Grundsätzlich muss der Richter im Scheidungsverfahren die Kinder anhören, bevor er einen sie betreffenden Entscheid trifft. Nach Artikel 298 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung werden die Kinder „in geeigneter Weise durch das Gericht oder durch eine beauftragte Drittperson persönlich angehört, soweit nicht ihr Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen.“

Im Allgemeinen hört der Richter das Kind im Alter von 6 Jahren persönlich an (5A_457/2017), ausser er erachtet es als notwendig, einen Kinderspezialisten (in der Regel einen Vertreter des Jugendschutzamtes) heranzuziehen. Der Richter hört das Kind alleine, in der Abwesenheit der Eltern oder Anwälten, an. Er achtet darauf, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen, damit das Kind so wenig wie möglich eingeschüchtert wird und die Fragen so frei wie möglich beantwortet. Aus diesem Grund wird die Anhörung nicht im Gericht, sondern vorzugsweise ausserhalb, unter Umständen aber im Arbeitszimmer des Richters, durchgeführt. Die Anhörung darf keinesfalls beim Kind zuhause stattfinden. Ein neutraler Ort ist empfehlenswert, um das Risiko auf eine Beeinflussung der Meinung des Kindes zu verhindern.

Der Richter – wie auch die Eltern – sollen darauf achten, die Kinder nicht in einen Loyalitätskonflikt zu bringen, indem er direkte Fragen stellt, welche die Kinder nicht beantworten können. Zum Beispiel wird der Richter ein Kind niemals fragen, ob es lieber beim Vater oder bei der Mutter wohnen will. Diese Art von Fragen drängen das Kind in einen Loyalitätskonflikt und verstören es nur: Das Kind liebt beide Eltern und kann sich nicht zwischen den beiden entscheiden.

Das Kind muss den Grund für seine Anhörung kennen und kann die Anhörung auch verweigern. Es kann die Protokollierung seiner Aussagen ablehnen. In diesem Fall begnügt man sich damit, den Eltern die Ergebnisse schriftlich mitzuteilen. Der Richter kann Missbrauchserklärungen des Kindes nicht vertraulich halten, auch wenn ihn das Kind darum bittet. Das Kind wird jedoch darüber in Kenntnis gesetzt und wird gefragt, ob es mit dem Bericht einverstanden ist, nachdem ihn der Richter mit dem Kind nochmals sorgfältig durchgelesen hat.

Die Anhörung der Kinder muss schon im Stadium der vorsorglichen Massnahmen durchgeführt werden (unser Text und BGE 126 III 497).

Die Anhörung der Kinder ist zudem im Rahmen des Eheschutz- oder  Abänderungsverfahrens notwendig (BGE 5C.63/2005 und BGE 5P.507/2006).

Je nach den Umständen kann sich die Anhörung eines jüngeren Kindes aufdrängen, etwa wenn von mehreren Geschwistern das jüngste kurz vor dem genannten Schwellenalter steht (BGE 5A_2/2016; 5A_724/2015; 5A_821/2013). Ab 11-12 Jahren kann das Kind seine Anhörung selbst verlangen (BGE 131 III 553). Sehr junge Kinder (zwischen dem 6. und dem 13. Lebensjahr) sollen nicht danach gefragt werden, wem sie zugesprochen werden wollen, da sie noch nicht in der Lage sind, einen eigenständigen Willen zu formulieren. Aussagen von sehr jungen Kindern sind nur von einem beschränkten „Beweiswert“ (BGE 5A_119/2010, consid. 2.1.3).

Jedoch hat die entschlossene, bestimmte und wiederholte Meinung der Jugendlichen (ab 12 Jahren) immer mehr Gewicht und wird grundsätzlich vom Gericht respektiert: Zum Beispiel in 5A_463/2017: Ein Kind von 14 Jahren wohnt bei seiner Mutter (die auch die Obhut innehat) und der älteren Schwester. Die Mutter stirbt. Der Vater beantragt die Obhut des minderjährigen Kindes. Das Kind möchte bei der älteren Schwester bleiben und dem Schwiegervater. Der Wille des Kindes wird durch die kantonalen Behörden und das Bundesgericht respektiert.

Was die „anderen wichtigen Gründe“ anbelangt, die gegen eine Anhörung des Kindes sprechen, so kann man hier an verschiedene Situationen denken:

  • Es ist unnötig, ein geistig behindertes Kind oder zurückgebliebenes Kind anzuhören, deren Aussagen keine Bedeutung beigemessen werden können.
  • Reelle und begründete Befürchtung, dass das Kind durch seine Aussagen schwerwiegenden Vergeltungsmassnahmen unterliegen würde. 
  • Das Kind verbleibt langfristig im Ausland.
  • Der Schaden, den das Kind gesundheitlich durch die Anhörung erfahren könnte, sowie die Dringlichkeit der zu treffenden Entscheidungen.

Kinder sind im Scheidungsverfahren zwischen ihren Eltern hin- und hergerissen. Jedes Scheidungsverfahren setzt das Kind einem offenen oder latenten Loyalitätskonflikt aus, einer mehr oder weniger belastenden Stresssituation. Diese Situation ist leider typisch. Aber die besondere Stresssituation rechtfertigt einen Verzicht auf die Anhörung des Kindes nicht. Nur wenn die Anhörung die Gesundheit des Kindes beeinträchtigen würde, ist davon abzusehen (BGE 5C.63/2005).

Die Wünsche des Kindes müssen vom Richter beim Entscheid über die Zuteilung der elterlichen Sorge mitberücksichtigt werden, sofern das Kind stark von seiner Entscheidung entschlossen ist, es das notwendige Alter (hier 12 Jahre) hat und seine Entwicklung es ermöglicht (BGE 5A_488/2017 und BGE 5A_107/2007 und BGE 5A_619/2007).

Der Richter wird es vermeiden, persönliche Beziehungen zwischen einem Elternteil und dem jugendlichen Kind aufzuzwingen, falls dies dem klar geäusserten und wiederholten Willen des Jugendlichen widerspricht (BGE 5A_463/2017 et 5A_367/2015).

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